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Medienrevolution: Wo laufen sie denn, wo laufen sie denn hin?


Dieser bekannte Ausspruch stammte nicht etwa von einem Politiker, sondern von einem Zeichentrickfilm des berühmten deutschen Humoristen Loriot. Während auf der Rennbahn der eine Zuschauer mit seinem Fernglas nach den Pferden sucht, wird er von einem anderen Zuschauer mit kenntnisarmen Äusserungen zugequatscht. Dabei fällt immer wieder dieser Ausspruch «Wo laufen sie denn? Mein Gott, wo laufen sie denn hin?»


Dasselbe kann man sich heutzutage über unsere Medienwelt fragen. Wo früher noch einigermassen eine Vielfalt herrschte, ist heute immer mehr eine Gleichschaltung der Medien in vollem Gange. Doch das geht beim Leser nicht spurlos vorbei. Gerade im grossen Kanton formiert sich vermehrt Widerstand. Gut zwei Drittel der Deutschen vertraut den Medien nicht mehr. Dies geht aus einer Umfrage aus dem Meinungsforschungsinstitut Infratest Dimap hervor, die im Dezember 2014 geführt wurde und rund tausend Menschen befragte1. Es spielt keine Rolle, ob nun Radio, Fernsehen oder Printmedien – die Kritik an der Berichterstattung nimmt zu. Woran liegt das? Auslöser dieses Misstrauens waren die Berichte über den Bürgerkrieg in der Ukraine, die als einseitig und subjektiv wahrgenommen wurden. Oft erfolgt diese Berichterstattung ohne den geschichtlichen Hintergrund, ebenso mit eindeutigen Sympathien für die eine Regierung und Antipathien gegen die andere. Somit schwadronieren die Schreiberlinge mit kenntnisarmen Äusserungen, was so manchen Leser überfordern mag. Nur zu dumm, dass sich die öffentliche Meinung nicht so gut täuschen lässt: Es hagelte Kritik. Nur irgendwie tun sich die Medien damit schwer, diese Kritik ernst zu nehmen. Selbst sachlich formulierte Einwände auf den Kommentarfunktionen werden werden gelöscht und sogar User geblockt. Und da wundert man sich, warum die Leserzahlen der Printmedien stetig abnehmen. Was ist denn mit dem Recht auf freie Meinungsäusserung passiert? Dieses Recht gehört doch zu den Grundbausteinen der direkten Demokratie. Man muss ja nicht gleicher Meinung sein, aber man kann sich doch wenigstens die Mühe machen, auch mal die andere Seite anzuhören. Da fragt man sich ernsthaft «Wo laufen sie denn, diese Medien, wo laufen sie denn hin?»

«So ein Pferd ist ja auch nur ein Mensch»

Trotz aller Kritik muss man die Schreiberzunft in Schutz nehmen. Die Zeiten haben sich geändert. Vieles ist schnelllebiger geworden und das Internet macht den Mainstream-Medien ordentlich Konkurrenz. Da wir Berichterstatter einer regelrechten Informationsflut ausgesetzt sind und unter Zeitdruck stehen, ist eine sorgfältige Überprüfung der Informationen und Quellen kaum mehr möglich. Doch das alleine wäre ja nur halb so schlimm: Der Druck, der von den Vorgesetzten, Chefredaktoren, Herausgebern kommt, bringt die Journalisten in einen Konflikt – was die Autorin dieser Zeilen selbst erlebt hat. Denn eine gewisse – vor allem politische – Richtung ist vorgegeben und wer aus der Reihe tanzt, zieht den Schwarzen Peter, das heisst er riskiert unter Umständen seinen Job. Man kann es sich nicht leisten, über die tatsächlichen Ereignisse zu schreiben, insbesondere wenn man Zuhause noch familiären Pflichten nachkommen muss. Wenn sich der Medienkonsument das vor Augen hält, wird ihm bewusst, dass «so ein Journalist ja auch nur ein Mensch ist». Von daher haben es freie Medienschaffende einfacher, da dieser Druck ihnen erspart bleibt.

«Wenn die sich nur nicht verlaufen»

Gewissermassen fühlen wir uns heute je länger je mehr in die Zeit des Kalten Krieges versetzt. Besonders wenn man sich die Kommentare mancher Korrespondenten (nicht alle!) in den «Tagesschau»-Beiträgen – in Deutschland sowie auch in der Schweiz – anhört. Es erinnert an die propagandistischen Sendungen des DDR-Fernsehens. Man kann nur hoffen, dass gewisse Medienschaffende nicht noch zum «Sudel-Ede» mutieren. Für diejenigen, die nicht wissen, wer Sudel-Ede, dessen richtiger Name Karl-Eduard von Schnitzler, war: Schnitzler war von 1960 bis 1989 Moderator der Propagandasendung «Der schwarze Kanal» in der DDR. Er war dafür bekannt, Szenen aus dem Westfernsehen herauszuschneiden und Kommentare abzugeben und führte den «Klassenkampf» im Fernsehen aus voller kommunistischer Überzeugung. Auch wenn vor gut 25 Jahren der Eiserne Vorhang gefallen ist, so scheint es, dass manche Berichterstatter Kalte Krieger geblieben sind bzw. mit dem Feindbild Ost in den Redaktionsstuben gross geworden sind. Seit im November 2014 der russische Fernsehsender «RT» in Deutschland auf Sendung ging, geriet die westliche Presse in Panik und wetterten auf den Neuzuzüger in der deutschsprachigen Fernsehlandschaft. Nun denn! «Wenn die sich nur nicht verlaufen», unsere Presseleute. Die ausgewogene Berichterstattung jedenfalls leidet darunter. Allerdings hat das – wie eingangs erwähnt – auch der Medienkonsument bemerkt und sucht sich seine Informationen über alternative Medien, meist übers Internet. Newsportale, Blogs und Foren, aber auch zurück zur Sachliteratur – man will eine ganzheitliche Sicht, da der Leser in diesem Informationsdschungel vor lauter Bäume den Wald nicht mehr sieht. Wir befinden uns derzeit in einer Medienrevolution, wo es nicht nur ums Überleben der Redaktionen geht, es ist auch ein Kampf um den Einfluss der gesamteuropäischen Öffentlichkeit. Seien wir gespannt, wie sich diese Medienrevolution in Zukunft entwickeln wird.

Quellen:

1http://www.infratest-dimap.de/umfragen-analysen/bundesweit/umfragen/aktuell/wenig-vertrauen-in-medienberichterstattung/

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