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Frankreich/Orient: Die Geister, die wir riefen... - Ein Kommentar

  • Däme Bächi
  • 14. Nov. 2015
  • 3 Min. Lesezeit

Das Jahr 2015 steht unter keinem guten Stern – ganz besonders für Frankreich nicht. Wurde die einstige «Grande Nation» in diesem Jahr gleich von zwei Terroranschlägen heimgesucht. Schockierte uns im Januar 2015 der Anschlag auf Charlie Hebdo so sehr, ist dies trotzdem nicht mit den Massakern vom Freitag, des 13. November in Paris zu vergleichen, bei denen ca. 127 Menschen getötet und mehr als 250 verletzt wurden. Diese gehören seit 9/11 zu den schwersten Anschlägen in der westlichen Welt. Wie aus einem Bekennervideo hervorgeht, haben die Terrororganisation «Islamischer Staat» die Anschläge zu verantworten. Dieses Netzwerk von todesmutigen, gewaltbereiten Kämpfern will vom Orient – genauer gesagt vom Irak und Syrien – aus einen, ordinär ausgedrückt, perversen Gottesstaat errichten und versetzt damit die ganze Welt in Angst und Schrecken. Die Ideologie der saudischen Wahhabiten (eine sektiererische Richtung des Sunnismus) dient dem Islamischen Staat als Vorbild. Der seit 2011 wütende Bürgerkrieg in Syrien machten sich versprengte Gruppierungen der Rebellen sowie ehemalige irakische Soldaten zunutze. Wie konnten diese Kämpfer so rasch an Einfluss gewinnen? Und warum sind sie so gut ausgestattet und organisiert?

Da dem Westen – allen voran die USA – das Regime von Bashar al-Assad seit längerem ein Dorn im Auge war, wurden Regimegegner und Rebellen, zu denen auch die «Freie Syrische Armee» und die «Al-Nusra Front» gehören, mit Waffen beliefert. Das Ziel war der Sturz Assads. Doch mittlerweile ist die Situation eskaliert: die Rebellen radikalisierten sich und riefen zu Gewaltakten gegen die «Ungläubigen» - gegen den Westen – auf.

Das Ganze ist allerdings nichts Neues. Als die damalige Sowjetunion zehn Jahre lang einen Abnutzungskrieg in Afghanistan gegen die islamistische Mudschahidin führte, wandten sich die Gotteskrieger nicht nur gegen ihre Besatzer, sondern insbesondere auch gegen jene, die sie mit Material und Waffen versorgten: gegen die USA! «Markbar Amerika! - Tod den Amerikanern!», so hiess es damals wie auch heute im Orient. Die ständigen Interventionen der USA und NATO – seien sie in Afghanistan, im Irak, in Libyen oder gar in Syrien – und die Bewaffnung von Rebellen, haben mehr Leid in diesen Ländern verursacht, diese einst blühenden Staaten zu sogenannten «failed states» gemacht und den Hass gegen die Westmächte zusätzlich geschürt. Der Westen hat bis heute noch nicht eingesehen, dass Einmischung in die innenpolitischen Angelegenheiten fremder Staaten nur Chaos statt Demokratie erzeugt.

Das rächt sich anhand des kaum zu bewältigenden Migrationsstroms nach Europa. Die Auffanglager in den Ländern des alten Kontinents platzen aus allen Nähten. Überall kommt es zu Spannungen und Konflikten. Die Gefahr, dass unter all den Migranten auch IS-Kämpfer aufhalten, ist real. Von der westlichen Presse wird behauptet, die Syrer fliehen vor der brutalen Regierung in Damaskus. Gewiss ist das Regime unter Bashar al-Assad alles andere als demokratisch, insbesondere in Bezug auf Folter. Doch was die noch brutalere Unterdrückung in Saudi Arabien, Katar oder Kuwait betrifft, verhalten sich die Medien verdächtig still. Man will es sich nicht mit den Arabern verscherzen, da diese doch Europa wie die USA mit Erdöl beliefern. Vor was fliehen die Menschen genau? Nicht vor Assad, vielmehr vor dem Islamischen Staat. Und woher bezieht der IS seine Waffen? Unter anderem aus Golfstaaten und weiterhin von der CIA. Kurz: der Westen hat mit seiner Politik der Einmischung und seiner angeblichen Mission von Demokratie und Menschenrechten die Flüchtlingskrise selbst verursacht. Wobei vermerkt werden muss, dass es nie um Demokratie oder gar um Menschenrechte ging, sondern um knallharte geostrategische Sicherung der eigenen Einflusssphäre. Somit auch um die Ressourcen dieser Länder, vor allem ums Erdöl.

Dass das Blatt sich nun gegen den Westen wendet, sollte von daher kaum verstaunlich sein: Die Geister, die wir riefen, werden wir nun nicht mehr los. Aus dieser Sicht kamen die Anschläge in Frankreich nicht überraschend, im Gegenteil: Sie waren vorhersehbar! Was aber sollte getan werden um die Gewalt der IS einzudämmen sowie der Migrationswelle Herr zu werden? In erster Linie ist es wichtig, den Krieg in Syrien und Irak schnellstmöglich zu beenden. Dies kann nur geschehen, wenn sich die Westmächte dazu durchringen, mit der Regierung Assads sowie mit dem Irak, dem Iran und den Vetomächten Russland und China zusammenzusitzen, um gemeinsam eine Lösung zu finden. Mögen diese Staaten noch so verschiedene Ansichten, Interessen und Machtgelüste haben, die Streitigkeiten untereinander machen den Konflikt in der Region noch verheerender und könnte in Europa für weitere Unruhen oder noch schlimmer zu weiteren Terroranschlägen führen. Ein Zusammenraufen wie es bei den Alliierten während des Zweiten Weltkriegs der Fall war, würde sicherlich zu einer nachhaltigen Lösung führen. Es bleibt zu hoffen, dass es überhaupt soweit kommt.

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